Die damals 11-jährige Tochter von Kindesmutter Stefanie Dresp besuchte während und nach der Coronazeit die Schule nicht regelmäßig. Das Jugendamt Herford will darin eine Kindeswohlgefährdung erkannt haben und eröffnete nach § 1666 beim Familiengericht Herford ein Verfahren, das zum Sorgerechtsentzug und anschließend zur Inobhutnahme aller drei Kinder führte (damals 11, 7 und 3 Jahre alt).
Zwischendurch wurde im Auftrag des Familiengerichts ein Gutachten erstellt, das später als Begründung für die Inobhutnahme verwendet werden soll – und einem die Sprache verschlägt. In nicht einmal 5 Stunden „Begutachtung“ von 4 Personen führt die Gutachterin eine, sagen wir mal recht eigenwillige Lernstandsdiagnostik durch.
Zu konstatieren ist:
Erhebung des Leistungsprofils von Schülern sollte man Experten überlassen!
Dazu zählt die Sachverständige nicht. Alleine dieser Umstand hätte dazu führen müssen, dass weder Amtsgericht Herford noch OLG Hamm das Gutachten verwenden.
Lernstandsdiagnostik der Gutachterin – keine Qualifikation
Wenn ein Gericht eine Gutachtenerstellung in Auftrag gibt, sind an Gutachter und Gutachten hohe rechtliche Anforderungen geknüpft. Eine solche ist Eignung und des Gutachters. Der Auftrag muss in dessen Fachgebiet fallen.
Zur Eignung schreibt die Gutachterin folgendes – im Gutachten.
Wer diese Grundschullehrerin ist, welche Fächer sie unterrichtet, ob sie nur Sport, Musik oder Religion unterrichtet, ob sie eine Deutschlehrerin ist, eine Mathelehrerin, wie viel Berufserfahrung die Grundschullehrerin hat oder gerade ihrReferendariat abgeschlossen hat, als Quer- oder Nebeneinsteiger den Beruf ausübt, all das bleibt unerwähnt.
Unerwähnt bleibt auch, ob diese angebliche Grundschullehrerin die standardisierten Testverfahren nicht kennt. Ob sie die Gutachterin über die Existenz der standardisierten Testverfahren aufgeklärt hat oder nicht, ob die Gutachterin eigenmächtig entschieden hat, dass SIE diese standardisierten Testverfahren einfach nicht anwenden will. Auch das bleibt im Gutachten unerwähnt.
Der Gesetzgeber führt aus, dass ein Gutachter vor Beginn der Begutachtung zu prüfen hat, ob der Auftrag in sein Fachgebiet fällt.
Zivilprozessordnung
Buch 2 – Verfahren im ersten Rechtszug (§§ 253 – 510c)
Abschnitt 1 – Verfahren vor den Landgerichten (§§ 253 – 494a)
Titel 8 – Beweis durch Sachverständige (§§ 402 – 414)
§ 407a
Weitere Pflichten des Sachverständigen(1) 1Der Sachverständige hat unverzüglich zu prüfen, ob der Auftrag in sein Fachgebiet fällt und ohne die Hinzuziehung weiterer Sachverständiger sowie innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist erledigt werden kann. 2Ist das nicht der Fall, so hat der Sachverständige das Gericht unverzüglich zu verständigen.
(3) 1Der Sachverständige ist nicht befugt, den Auftrag auf einen anderen zu übertragen. 2Soweit er sich der Mitarbeit einer anderen Person bedient, hat er diese namhaft zu machen und den Umfang ihrer Tätigkeit anzugeben, falls es sich nicht um Hilfsdienste von untergeordneter Bedeutung handelt.
Quelle: https://dejure.org/gesetze/ZPO/407a.html
Fragestellung des Familiengerichts: Psychologisches Gutachten
Das Jugendamt Herford sieht in der Verletzung der Schulpflicht eine Kindeswohlgefährdung, sieht ansonsten neben der Schulproblematik keine anderen Baustellen, eröffnet deswegen trotzdem ein familiengerichtliches Verfahren, das Amtsgericht Familiengericht Herford bestallt eine Gutachterin.
So lautet die Fragestellung des Amtsgerichts Herford:
Ist der Entwicklungsstand der Kinder körperlicher, kognitiver, sprachlicher, motivationaler, emotionaler und sozialer Hinsicht als normgerecht einzustufen und sind die Kinder in jeder Hinsicht altersgemäß sowie im Bindungserleben und -verhalten als normgerecht anzusehen?
Fall nein, wäre das auf fehlenden Schulbesuch zurückzuführen oder gebe es andere Ursachen?
Gibt es Hinweise auf eine kindeswohlgefährdende Entwicklung der Kinder und falls ja, gibt es öffentliche Hilfen um eine Gefährdung abzuwenden, mit welchen sich die Kindeseltern einverstanden erklären können?
Zu klären war also die Frage: Bewegt sich das Leistungsprofil noch im normalen Rahmen und welche negativen Folgen, hinsichtlich der kognitiven und sozialen Entwicklung, sind für die Kinder durch den fehlenden Schulbesuch zu erwarten?
Zum Zeitpunkt der Begutachtung waren die Kinder 3 (L.), knapp 7 (J.) und 11 (K.) Jahre alt.
Laut OLG Bamberg ist die Verletzung der Schulpflicht nicht per se Kindeswohlgefährdung. Es sei immer im Einzelfall zu prüfen. Insofern kann eine vom Familiengericht angeordnete Begutachtung der Aufklärung dienen und somit sind die ersten beiden Fragestellungen durchaus in Ordnung.
Gab das Gericht mit der 3. Fragestellung womöglich Tendenzen für das Gutachten vor?
Erwartungen an Experten
Bevor man das erste Mal ein Gutachten in der Hand hält, sind die Erwartungen über transparente, schlüssige und nachvollziehbare Inhalte eines Gutachtens noch hoch. Schließlich vertraut man sogenannten Fachkräften und Experten, da sie entsprechend ausgebildet und der Neutralität verpflichtet sein sollten
Von jedem Experten erwartet man eigene Kompetenzen:
- Von einer Gruppenleitung einer diagnostischen Einrichtung ein Mindestmaß an Ahnung von Kinderpsychologie,
- von der zuständigen Sacharbeiterin des Jugendamtes nach einer erfolgten Inobhutnahme zumindest, dass sie der Mutter gegenüber irgendeine Antwort darauf geben kann, wodurch die Kinder akut gefährdet oder überhaupt gefährdet sind
- und von einer Psychologischen Gutachterin, die das Leistungsprofil von Kindern begutachtet, dass sie weiß, wie man den Leistungsstand ermittelt.
Der nebulöse Leistungsstand von K.
Wir nähern uns der fantasievollen Erhebung der Leistungsstände der drei Kinder, indem wir uns die Ergebnisse und Schlussfolgerungen der Gutachterin, das älteste Kind K. betreffend, mal genauer anschauen.
Bevor wir uns jedoch anschauen, wie man auf gar keinen Fall eine Leistungsdiagnostik durchführt, verrate ich Ihnen als berufserfahrene Klassenlehrerin an einer Grundschule die elementarste Voraussetzung an, mit der eine Leistungsüberprüfung überhaupt möglich ist:
Kenntnisse über die Inhalte der Rahmenlehrpläne
Eine Erhebung des Leistungsstandes durch standardisierte Test muss sich grundsätzlich an den Rahmenlehrplänen orientieren.
Erforderliche Kompetenz für Erhebung des Leistungsstandes
Um überhaupt den schulischen Leistungsstand zu prüfen, muss der Tester Wissen darüber haben, was die Anforderungen für das Lernen in der Grundschule sind. Ebenfalls sind Kenntnisse der Rahmenlehrpläne notwendig, da sie z.B. die grundlegenden Kompetenzen enthalten, die am Ende der 2. und 4. Klasse erreicht werden sollen.
Im Fall der Lernstandsdiagnostik der Gutachterin in diesem Fall ist weder das eine, noch das andere vorhanden.
In den der hiesigen Gutachterin unbekannten Wunderwerken der Lehrpläne werden die zu erwerbenden Kompetenzen für die einzelnen Fächer übersichtlich und inhaltlich transparent aufgeführt, so dass sie eine gute Orientierung bieten. Man muss sie nur lesen und kennen.
Aber selbst, wenn man die Lehrpläne gelesen hat und deren Inhalte kennt, erlangt man dadurch noch lange keine Expertise, eine Leistungsdiagnostik durchführen zu können.
Selbst als berufserfahrene Klassenlehrerin an der Grundschule würde ich in weniger als 5 Stunden, in denen UNO und Memory gespielt wird und über eine ganze Lebensgeschichte der Familie gesprochen wurde, keinesfalls nebenbei den Leistungsstand zweier Grundschülerinnen fundiert überprüfen können. Überdies geschieht das im Schulbetrieb stets mit dafür ausgebildeten Fachkräften.
Wie bereits oben erwiesen, mangelt es der Gutachterin an jeglicher Kompetenz, was eine Lernstandsdiagnostik betrifft. Das räumt Sie – zu spät – nämlich erst nach Abschluss der Begutachtung im verschriftlichten Gutachten ein und zieht sich wie ein roter Faden durch das Gutachten.
Gutachterin: Noch nie was von Lehrplan gehört
Festzuhalten an dieser Stelle ist, dass die besagte Gutachterin die Rahmenlehrpläne nicht einmal in ihrem Gutachten erwähnt und höchstwahrscheinlich noch nie gelesen hat. Sie erhebt dennoch einen undefinierten Wissensstand bei allen drei Kindern, während es ihr zeitgleich sogar gelingt diesen Anfang, Mitte oder Ende einer spezifischen Klassenstufe zuzuordnen. Das ist nicht einmal etwas, was die Rahmenlehrpläne vermögen. Dort werden Kompetenzen aufgeführt, die am Ende der 2. oder 4. Klasse erreicht werden sollten.
Selbst jedem Laien muss klar sein, dass bei jedem Schulkind der Lernstand am Anfang, in der Mitte oder am Ende des Schuljahres ein anderer ist.
Hier sind auch das Jugendamt Herford, das Familiengericht Herford sowie das OLG Hamm ob ihrer mangelhaften Überprüfung des Gutachtens zu rügen, weil fehlende Fachkompetenz noch offensichtliche Fehler im Gutachten nicht bemerkt wurden oder nicht bemerkt werden wollten. Stattdessen schreibt das OLG Hamm:
Will das OLG Hamm damit andeuten, dass der Senat Gutachten nicht auf Eignung und Plausibilität prüft, weil man den Gutachter schon kennt? Noch nicht einmal dann, wenn Verfahrensbeteiligte auf gravierende Mängel des Gutachtens und nicht vorhandene Kompetenz der Gutachterin hinweist!?
Übrigens: Die Gutachterin hat zuvor beim Jugendamt Bielefeld bei der Vermittlung von Pflegekindern und Adoptivkindern gearbeitet und hat selbst zwei Pflegekinder.
Man stelle sich das Ganze wie ein Kartenhaus vor …
Das Jugendamt sieht in den fehlenden Schulbesuchen eine Kindeswohlgefährdung, aber sonst keine Baustellen. Im Gegenteil. Die Kinder sind gut versorgt, werden von der Mutter liebevoll betreut und sind gut entwickelt. So schrieb es das Jugendamt. Doch damit lässt sich weder Sorgerechtsentzug noch Inobhutnahme begründen. Deshalb ordnet das Familiengericht Herford ein Gutachten an, in dem die dritte Fragestellung alle Möglichkeiten eröffnet, um ein wackeliges Kartenhaus aufzubauen.
Wenn die Leistungsdiagnostik schon unverwertbar ist und daraus sämtliche falsche Schlüsse für die zukünftige Entwicklung der Kinder gezogen werden müssen, dann wackelt das gesamte Konstrukt nicht nur, sondern bricht in sich zusammen.
Da das nicht sein darf und ein verwertbaren Gutachten entstehen muss, wird also der Schein erweckt, dass der Boden des Hauses Substanz hat. Schließlich hegt ja der Senat vom OLG Hamm keinen Zweifel an der Expertise der Gutachterin!
Ein bisschen anstrengend wird dann die Argumentation im Verlauf, da immer mehr Konstruktionen nötig sind, um das Kartenhaus zusammenzuhalten.
Oben muss schließlich das erwünschte Ergebnis rauskommen, so dass die Inobhutnahme legitimiert wird. Die Tatsache, dass die Gutachterin gar keinen verwertbaren Leistungsstand erhoben hat, sorgt für ein umso vehementeres Vorgehen der Gutachterin, schließlich steht für sie nun auch etwas auf dem Spiel. Das Kartenhaus wird zum Luftschloss.
Was die Gutachterin nicht erwähnt
Interessant ist es auch sich anzuschauen, was die Gutachterin außen vor lässt, was sie nicht erwähnt und wo sie stattdessen den Fokus drauf lenkt. Die gesamte Corona Problematik in den Schulen und die zwei Schulwechsel der ältesten Tochter in dieser Zeit werden als Problemauslöser oder Problembeschleuniger nicht einmal in Betracht gezogen, warum es überhaupt zu einem teilweisen Verstoß gegen die Schulpflicht kam.
Versäumt zu erwähnen wird auch die Doppelmoral des Staates, als während der Corona-Pandemie Lockdowns und Schulschließungen ausgerufen wurden. Da, zu jener Zeit, waren nicht nur alle Eltern gut genug, den Schulbesuch und die schulische Bildung durch Lehrer zu ersetzen. Der Staat verpflichtete auch noch alle Eltern, den Beruf des Lehrers auszuüben.
Ebenso hat der Staat durch Lockdowns, Schulschließlungen, Abstandsgebote und Flatterbänder auf Spielplätzen alle Kinder in die Isolation gezwungen und jegliche soziale Kontakte zu Gleichaltrigen, Schulkameraden, Freunden und Verwandten verunmöglicht.